Zum spannenden Thema "Schicksal" mit all den Fragestellungen, die uns Menschen diesbezüglich bewegen, traf sich die Kirchengemeinde Hamm-Werries am Sonntag, den 20. November 2016 zum Gesprächskreis.
Im Anschluss an den Gottesdienst, den Bischof Makulla in der Gemeinde Hamm-Werries hielt, traf sich fast die gesamte Gemeinde nach einem kurzen Imbiss zu einem großen Gesprächskreis unter der Leitung von Dieter Schulze. Die Frage, die ein Gemeindemitglied in die „Schatztruhe“ der Gemeinde geworfen hatte, hieß: „Was ist eigentlich Schicksal?" Was bedeutet Schicksal in unserem täglichen Leben für uns?
Sammlungsphase
Die Erfahrungen aus dem vorangegangenen Gesprächskreis „Wie erlebe ich meinen Glauben?“ hatten so viel Vorgeschmack und Vertrauen erzeugt, dass diesmal ohne eine Anregung des Moderators schnell die Gesprächskreisteilnehmer über ihre Erfahrungen und Meinungen bzw. Gefühle berichteten und ihre individuellen Erfahrungen zu ihrem „Schicksal“ überzeugend und manchmal sehr bewegend darstellten. „Für mich ist Schicksal nur eine Ausrede für die eigene Entscheidungsunfähigkeit“, „Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich manchen Dingen nicht ausweichen kann und deshalb ausgeliefert bin“, „Es kann doch nicht sein, dass Gott alles weiß. Wo bleibt meine Entscheidung?“, „Bin ich frei?“, „Gibt es Zufall?“, „Ein Ereignis in meinem Leben war schicksalshaft für mich“ bis hin zu „Gibt es überhaupt ein Schicksal?“. Beeindruckend in dieser Sammlungsphase war, dass zum einen niemand sich „einem Schicksal ausgesetzt fühlte, dem man nicht entkommen könne“, zum anderen ordneten die Teilnehmer selber die unterschiedlichen Meinungen und relativen Unterschiede in den verschiedenen Erlebnissen, ohne dass die Moderation bis hierher eingreifen musste. Ein sehr beeindruckendes Erlebnis auch für den Moderator.
Schicksalsbegriffe im täglichen Leben
In unserem Sprachgebrauch kennen wir Schicksal als …
… eine höhere Macht, die das Leben beeinflusst, bzw. eine Macht, von der Menschen glauben, es könne das Leben eines Menschen bestimmen. Zum Beispiel hat das Schicksal es gut mit jemandem gemeint, oder vom Schicksal benachteiligte Menschen glauben an ein gütiges Schicksal, oder Menschen ergeben sich in ihr Schicksal und reagieren nicht mehr darauf.
… ein Ereignis, das das Leben eines Menschen entscheidend beeinflusst, ohne dass man daran etwas ändern kann. Dies waren typische Schicksale der Kriegsgeneration, ein Unfall oder ein traumatisches Erlebnis.
… eine Reihe von vielen Ereignissen, die das Leben oder das Glück einer Person bestimmen, ohne dass sie daran etwas ändern kann im Sinne eines Loses mit einem schweren und traurigen Schicksal. Solche Menschen finden sich mit ihrem Schicksal ab, sie ergeben sich fatalistisch und geben dem „Schicksal" die Schuld für ihre Situation, sie hadern mit dem Schicksal.
... Situation, in der man jemanden seinem Schicksal überlässt und sich nicht mehr für jemanden interessiert bzw. hilft.
Schicksal in der Sprache der Bibel und im christlichen Glauben
Der Begriff „Schicksal“ taucht in den Luther-Übersetzungen kein einziges Mal auf, in der Elberfelder Bibel nur ein einziges Mal. Aber überall, wo es um die Situation und die Zukunft von Menschen geht, hat die Bibel eine sehr deutliche Sprache:
Gott lässt den Menschen die freie Wahl (5. Mose 30, 19-20).
Das, was der Mensch tut, ist KEIN Schicksal im Sinne von Unabänderlichkeit, sondern eine logische Folge auf der Grundlage des ursächlichen Handelns: „Denn was immer ein Mensch sät, das wird er auch ernten“ (Galater 6, 7). Gott bestimmt nicht vorher, wenn er uns trotzdem für unser Handeln verantworten würde. Das wäre Ungerechtigkeit. Es ist aber gerecht. Er hat uns nicht auf der einen Seite die Willensfreiheit gewährt, aber auf der anderen Seite schon von Anfang an festgelegt, wen er retten und wen er verdammen wird.
Wir haben unsere Entscheidungen selber in der Hand. Warum sollte Gott zur Buße und Umkehr auffordern, wenn er schon vorher wüsste, dass die Betroffenen an ihrer Situation nichts ändern können? (Jeremia 25, 5-6 sowie Apostelgeschichte 3, 19)
Es gibt auch Zufälle aus der Sicht der Bibel: „…dass nicht den Schnellen der Wettlauf gehört noch den Starken die Schlacht, noch auch den Weisen die Speise, noch auch den Verständigen der Reichtum, noch selbst denen, die Kenntnisse haben, die Gunst, denn Zeit und unvorhergesehenes Geschehen trifft sie alle. . .“ (Prediger 9, 11-12).
Ergebnis dieses Gesprächskreises
Die Lebens- und Glaubenserfahrungen der Teilnehmer des Gesprächskreises stimmte mit dem biblischen Befund überein: Jeder Mensch hat in den wichtigen und meisten Situationen seines Lebens Willensfreiheit. Gott schränkt diese Willensfreiheit nicht ein. Die Erzählungen der Teilnehmer zeigten: Sogar dann, wenn man eine andere Entscheidung trifft, die Gott nicht gefällt, ist er mit uns und begleitet uns weiterhin. Dieses Versprechen gibt uns Sicherheit.
Der Gesprächskreis musste fast energisch beendet werden, weil die Teilnehmer/innen so intensiv im Gespräch beteiligt waren. Das Thema für den nächsten Gesprächskreis im Februar 2017 steht auch schon fest: „Das Böse in mir – was ist das und wie kann ich damit umgehen?!“ Spannung ist schon jetzt angesagt.
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